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Hoferin Hildegard Klust: Früher Judo-Meisterin – seit 25 Jahren Trainerin

Hildegard Klust

Hildegard Klust

„Das Sitzen fällt ihr schwer“, dies stand in ihrem ersten Zeugnis. Und das tut es auch heute noch. Das Hofer Mädel ist vor wenigen Wochen 70 Jahre jung geworden, denn von „Alter“ kann man hier kaum sprechen. Es geht um das „Judo-Urgestein“ Hildegard Klust.

Mit ihrem Mann Günter, Sohn André und dessen Ehefrau Katharina lebt sie in einem Häuschen in Unterkotzau. Alle zusammen kann man sie getrost als „Judo-Familie“ bezeichnen, denn alle leben für und mit diesem Sport. André ist damit aufgewachsen und zuerst gecoacht durch seine Mutter, auch in ihre Fußstapfen getreten, ja sogar darüber hinaus.
Googelt man den Begriff Judo, dann erhält man folgende Erklärung: „Judo ist eine japanische Kampfsportart, deren Prinzip ‚Siegen durch Nachgeben‘ beziehungsweise ‚maximale Wirkung bei einem Minimum an Aufwand‘ ist.“ Nachgiebigkeit bzw. minimaler Aufwand sind Dinge, die Hildegard Klust wohl nur im Sport nachgesagt werden können, wo sie diese sicher perfekt beherrscht.
Wäre sie im Leben nachgiebig gewesen, dann stünde die mehrmalige Bayerische Meisterin sicherlich nicht da, wo sie jetzt steht. Heute zieht sie, als Trägerin des 4. Dan, den Judogi, wie man den Judoanzug nennt, nur noch als Trainerin über. Und das mittlerweile auch schon seit über 30 Jahren.
Doch, wie fing alles an? Schon als junges Mädchen interessierte sich die gelernte Schneiderin für asiatische Sportarten. So kam sie 1968 als 17-jährige zum Judo, beim damaligen Postsportverein, wo sie auch ihren späteren Mann und Trainer Günter kennenlernte. Nur vier Jahre nach ihrem Judo-Einstieg, 1971, fuhr sie mit dem Zug zur Bayerischen Meisterschaft nach Töging. Zu Fuß erfragte sie sich dort den Weg zur Halle und erkämpfte sich, ganz ohne Betreuer, den 1. Platz und damit die Qualifikation zu ihrer ersten Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft. Dieser unglaublichen Leistung, folgten einige Jahre mit großen Erfolgen.

Bei der Deutschen Meisterschaft 1975 erkämpfte sich Hildegard Klust den 3. Platz.

Bei der Deutschen Meisterschaft 1975 erkämpfte sich Hildegard Klust den 3. Platz.

Als Trainingspartner wurden der kleinen, zierlichen Kämpferin, um sie zu stärken, stets Männer vorgesetzt. Teilweise fanden die Trainings, um neue Impulse zu erhalten, auch in Bamberg statt. Für den Erfolg arbeitete Klust immer hart. 1976 stand sie bei der Deutschen Meisterschaft als 3. Siegerin in Goslar noch einmal auf dem Podest. Danach trat sie etwas kürzer, ließ sich als Trainerin ausbilden und setzte ihre Erfolge hier fort.
„Das Tolle ist, dass man das Ergebnis seiner Arbeit sieht, wenn die Schützlinge erfolgreich sind. Die Schüler sind ein Spiegelbild des Trainers“, erklärt sie die Faszination ihrer Trainer-Arbeit. „Ich habe alles weitergegeben, was ich gelernt habe.“ Und das ist nicht wenig. Mindestens fünf Mal in der Woche steht sie als Coach vor und auf der Matte und gibt ihr enormes Fachwissen, welches sich in den vielen Jahren angehäuft hat, an ihre Schüler weiter. Deren große Erfolge sprechen für sich.
Für ihren Verein, inzwischen Post- und Telekom-Sportverein, und ihre Gruppen im Schiller Gymnasium, wo sie seit über 25 Jahren als Trainerin und Abteilungsleiterin fungiert, ist sie die Macherin an allen Fronten. Freizeiten, Feste, Turniere, Selbstverteidigungskurse und vieles mehr organisiert Hildegard Klust zusammen mit ihren Unterstützern, den Übungsleitern, der Vorstandschaft und ihrer Familie. „Ohne diese Unterstützung wäre das alles nicht möglich“, weiß sie.
In ihrer raren freien Zeit sitzt das Energiebündel nach wie vor kaum still. Wenn es passt, dann klappert sie mit ihrem Mann Günter die umliegenden Radwege ab. Selbstverständlich mit reiner Muskelkraft – ohne elektrische Hilfe. Sie liebt Kochsendungen im Fernsehen und das Kochen in ihrer Küche, am Liebsten asiatisch. Viel Spaß hat sie auch beim „Jumping“, einem rasanten Ganzkörpertraining auf dem Trampolin. Fast jeden Morgen macht sie Qigong, eine Mischung aus Bewegungsübungen und Meditation, und tankt mit den 18 Übungen der Harmonie Kraft für den Tag.
„Einmal im Monat, wenn wir das ProHof-Magazin ausgetragen haben, gönne ich mir eine Thai-Massage“, plaudert sie munter aus dem Nähkästchen. Außerdem liebt das Ehepaar Theater, Kino und Konzerte. „Wenn es irgendwo in Hof kracht und scheppert, dann sind wir dabei“, lacht Günter Klust beim Interview. Wenn es möglich ist, will das Paar wieder reisen, ebenfalls ein Steckenpferd der Beiden. Sie erzählen von früheren Reisen nach Bali, Sumatra, Singapur, Griechenland.
Was sonst noch ansteht? Der Garten. Obwohl der ganz bewusst so angelegt ist, dass er nicht viel Arbeit macht. Momentan ist die Trainerin damit beschäftigt, den Nachwuchs wieder auf die Matte zu holen, was demnächst wieder möglich ist. Aktuell findet das Training noch auf dem Sportplatz statt. Während der Corona-Zeit hat sie keine Mühen gescheut, den Kontakt zu ihren Schützlingen und den Familien nicht einschlafen zu lassen.
Was kommt jetzt? Sie sieht der Zukunft gelassen entgegen. Demnächst ist ein Selbstverteidigungskurs für Frauen geplant. Eine Reise nach Wien mit ihrem Mann steht auch schon auf dem Plan. „Es geht weiter. Wir stehen in den Starlöchern!“, versichert sie mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht. Heike Richter

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