Zwei Aktenordner. Unauffällig. Mit grauer Klappe. Zwei Ordner, wie sie in unzähligen Büros oder Wohnungen in Stadt und Landkreis Hof stehen. Diese zwei aber sind anders. Der Inhalt ist anders. Fein säuberlich in Klarsichthüllen gepackt und alphabetisch sortiert, enthalten diese zwei Ordner für mich ganz spezielle Erinnerungen. In Dur und Moll – ohne musikalisch zu sein. In Dialekt und Hochsprache – ohne zwischen beidem werten zur wollen.
In den 1970er Jahren begann mein Vater Werner, Lehrer an einer Hofer Schule, mit dem Schreiben. Keine Lyrik oder Poesie, keine Prosa oder gar Kriminalromane.
Das, was man „den Leuten aufs Maul schauen“ nennt, war ach so oft der Antrieb, damals zu Bleistift und Papier zu greifen.
Wenn meine Mutter Hildegard am Montagabend in der Schule in Moschendorf zum Turnen war (Ja, so nannte man das damals noch!), wartete mein Vater geduldig – und nicht ganz uneigennützig – beim Oettler mit dem einen oder anderen Seidla auf das Ende der Sportstunde. Und oft entsprangen die Anregungen für neue Geschichten den Gesprächen am benachbarten Stammtisch, wenn sich die alten Moschendorfer über das Geschehen in der Stadt im Allgemeinen und das Benehmen der jungen Leute im Besonderen echauffierten. Es konnten aber auch alltägliche Beobachtungen sein oder schlicht Erlebnisse, die ihm zugetragen wurden.
Dazu kamen meist autobiografische Texte, die sich auf die Kindheit in der Nachkriegszeit, später auf das Hof der 70-er, 80-er Jahre oder die Phase der Grenzöffnung bezogen.
Die logische Folge war, dass meine Mutter (nach Lektüre der jeweils neuesten Geschichten) ebenfalls zum Stift griff. Meist kurz und geschliffen. Pointiert. Treffend. Hin und wieder in einer Art und Weise, die man beim Fußball oder Kartenspiel als klassischen Konter oder auch Kontra bezeichnen würde.
Im Laufe der Jahre wuchs die Zahl der Texte immer weiter an. Und so trat in den 90er Jahren der damalige Verantwortliche des Studios Franken des BR in der Nürnberger Wallensteinstraße an die beiden heran.
Ob man nicht ab und an für den Bayerischen Rundfunk schreiben und in der Folge auch lesen wolle?
Und damit entstanden unzählige themenbezogene Texte, die sich mit Fränkischem, Nachdenklichem oder sehr Persönlichem beschäftigen.
Seit einigen Monaten liegen sie nun vor mir, diese zwei Ordner – und ich wage es nur selten, sie zu öffnen.
Wie viel Zeit mag darin stecken? Wie lange wurde mit einzelnen Worten gerungen, um die richtigen zu finden? Den gesuchten Satz oder die passende Pointe.
Erdacht in vielen Stunden – erzählt in wenigen Minuten oder gar Sekunden…
Die beiden grauen, unauffälligen Ordner gehören zum Nachlass meiner Eltern. Vielleicht dreihundert oder vierhundert Seiten. Die mich zum Lachen bringen, zum Nachdenken und manchmal sogar zum Weinen.
Bei jedem Text sehe ich die beiden vor mir – auf irgendeiner der unzähligen Bühnen, auf denen sie im Lauf der Jahre gelesen haben. Oder auch einfach zu Hause an unserem massiven, quadratischen Esstisch neben dem Kachelofen, die beschriebenen Seiten vor sich, Ideen in Worte gießend.
Und natürlich gibt es auch für mich Lieblingstexte, die ich nicht oft genug lesen und hören kann. Aber es gibt auch die kleinen, feinen, zunächst unscheinbaren, die den Zuhörer erst im zweiten Anlauf packen und mit ihrer Tiefe erfassen.
Einige ausgesuchte Stücke werden Sie in den kommenden Monaten hier im ProHof-Magazin finden. Und ich bin mir sicher, dass Sie sich in vielem auch selbst wiederfinden oder entdecken können. Viel Vergnügen beim Schmökern und vielleicht auch beim Nachdenken. Roland Jahn
Die Wäsch
Unter „Kaufgesuche“ stand neilich in der Zeitung a Onzeich:
„Suche Omas weiße Wäsche“ und a Telefonnummer derhinder.
Do kennt ich orufn, hob ich mer gedacht, wall iech vo meiner Mudder an Haufn so Zeich hob,
wos bloß meina Schränk verstobft.
Beddiecher, prima Leinen, abber bogglhard und aa in der Heißmangl nedd gladd zer krieng.
Handdiecher – do wemmer sich amoll die Händ abdroggnd, sennsa pfadscherdnass und die Händ
nedd richdich droggn.
Kopfkissn – herrlich ozuschaua, midd Musder, midd Hohlsaum und Stiggerei, abber wennst a Nachd
draaf schleefst, host frieh des Musder im Gsichd.
Klaana Deggla – geoggld, gstriggd und geheegld.
Nachdhemmer – midd die dollsdn Spitzn, abber so lang und weit, dass iech scho ferchderlich
zunehma misserd, dass mer sa bassn, vo dem Bligg vom meim Mo ganz abgseng.
Zeich also, wos ich werglich nedd gebraung ko.
Heidserdooch is die Beddwäsch bund und pflecheleichd, die Handdiecher senn flauschich
und vo die Nachdhemmer will ich goarned redn.
Aber – wenn iech die Wäsch so oschau.
Alles Handarbeit.
In jedn Stigg a kunsdvoll neigschdiggs Monogramm.
Dann stell iech mer vor, wie mei Mudder frieher stundnlang dro genähd, gstiggd und gewergld hodd.
Wie sa zufriedn midd ihra Händ driebergsdrichn
und dann widder a Drumm in ihr Aussteiertruha geleechd hodd.
Do konnt iech die Telefonnummer nimmer wähln
und hob olles widder schee zammgeleechd.