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Ernteteppiche – Kunst aus Eiern, Äpfeln und Kastanien

Das Projekt Ernteteppich in der Jakobuskirche Berg ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Drei Generationen arbeiten dabei zusammen: Kinder von zehn Jahren bis hin zu Senioren über 80 Jahren. Die ganze Bandbreite natürlich gewachsener Lebensmittel ist auf engstem Raum vereint. Und von der Fülle an Details, die ein großes Gesamtbild ergibt, geht eine ganz besondere Faszination aus.

Aber worum geht es eigentlich bei einem Ernteteppich?
„Die Idee hat mein Vater Rudolf Bammert im Jahr 2000 aus einem Urlaub im Allgäu mitgebracht“, erzählt Ute Fiedler aus dem Berger Ortsteil Eisenbühl. In einer Kirche in Otterswang habe ihr Vater den dort ausgelegten Ernteteppich betrachtet und ein Büchlein zum Thema erworben. Zuhause in Eisenbühl begeisterte er damit die Mitglieder des Obst- und Gartenbauvereins, dessen Vorsitzender er damals war. Spontan habe man beschlossen, es selbst einmal mit einem Ernteteppich zu versuchen.
„Wir begannen mit einem Landschaftsbild und zeichneten das Motiv dafür auf ein Bettlaken“, erinnert sich Ute Fiedler. Mit vorhandenen Lebensmitteln wie Eiern, Äpfeln oder Tomaten wurde das Bild sozusagen ausgemalt. Die Anerkennung, die dieses erste Werk gebracht habe, motivierte zum Weitermachen: „Wir nahmen uns vor, als nächstes ein biblisches Motiv umzusetzen, und entschieden uns für die Heimkehr des verlorenen Sohnes.“
18 Ernteteppiche hat der Obst- und Gartenbauverein Eisenbühl bisher jeweils zum Erntedankfest in der Jakobuskirche Berg gestaltet. Dabei wurden immer wieder aktuelle Anlässe, zum Beispiel das Jahr der Bibel 2003, in Szene gesetzt. Jahr für Jahr wurden die Bilder detailreicher und künstlerisch anspruchsvoller. Und das lag nicht nur am zunehmenden Geschick der rund 15 Teilnehmer und an verbesserten technischen Möglichkeiten – man erschloss sich auch immer mehr Lebensmittel als Gestaltungselemente und besondere Farbtupfer. So wurden die Ernteteppiche auch zu gesammelten Arrangements der heimischen Natur, auf denen man bekannte Zutaten wie Kastanien, verschiedene Nüsse und Möhren, aber auch Quitten, Lampionblumen oder Kirschlorbeerblätter entdecken kann.
Von Anfang an war es den Mitgliedern des Obst- und Gartenbauvereins Eisenbühl wichtig, dass die verwendeten Lebensmittel nicht weggeworfen, sondern verzehrt werden. „Deshalb bleibt ein Ernteteppich immer nur eine Woche liegen“, sagt Ingrid Kehl, die seit Jahren bei dem Projekt mitwirkt. So werden die Lebensmittel an die Hofer Tafel gespendet, Zutaten wie Getreide oder Kastanien verfüttern Jäger ans Wild. „Bei uns wird nichts verschwendet“, betont Ute Fiedler. Genauso ist es auch mit unverderblichen Lebensmitteln, die bei einem Ernteteppich nicht verwendet und aufgehoben werden: „Jeder Teilnehmer hat zahlreiche Gläser mit Linsen, Erbsen oder Reis, die er von Jahr zu Jahr wieder mitbringt.“

Schon jetzt mache man sich Gedanken über den nächsten Ernteteppich, aber noch sei man in der Diskussionsphase. Steht eine Idee irgendwann endgültig fest, kopiert Ute Fiedler die Zeichnung auf Overhead-Folie, wirft sie auf einen großen Bogen Zeitungspapier – und dann werden die Umrisse übertragen. Auf dem Kirchenboden ausgebreitet, wird schließlich die Vorlage von den Teilnehmern von innen nach außen so belegt, dass ein buntes Bild entsteht. Auch dabei ist Teamwork ganz entscheidend: „Wir müssen immer wieder Abstand nehmen und kontrollieren, dass auch die Proportionen passen.“
Längst ist man damit so perfekt geworden, dass die Ernteteppiche nicht mehr nur die Gemeindemitglieder begeistern, sondern auch ein Publikum von weit her anlocken. „Jedes Jahr haben wir mehr Gäste aus Sachsen und Thüringen“, erzählt Ute Fiedler. „Und inzwischen gibt es sogar Besucher, die eigens ihren Urlaub so legen, dass sie den Ernteteppich sehen können.“ Manfred Köhler

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