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Hofer Nachwuchsschauspieler begeistern

Zweimal präsentierten die Hofer Schüler ihr Stück bei den Bayerischen Theatertagen der Grundschulen in Passau.

Zweimal präsentierten die Hofer Schüler ihr Stück bei den Bayerischen Theatertagen der Grundschulen in Passau.

Verheddert in einem Gefüge aus weißen Kabeln ist Iwan gefangen wie in einem Spinnennetz. Sechs Mädchen um ihn herum ziehen aus verschiedenen Richtungen an den Kabeln, ziehen die Schlinge, in der er steckt, immer enger zusammen. Trotzdem umklammert er die Tastatur, die er in den Händen hält und die ihn symbolisch zum Gefangenen des Internets macht, bis die Kabel sich so weit zusammengezogen haben, dass sie Herr über ihn sind; ihn umwerfen; ihn ersticken.
„Online“ heißt das von Jule Schleiter und den 15 Mitgliedern der Theater AG der Eichendorff-Grundschule selbst entwickelte Bewegungs-Theaterstück. Und es ist der Versuch einer kritisch-dramatischen Auseinandersetzung mit dem Thema Medien. Allein durch Körpersprache erzählen die Dritt- und Viertklässler von der Faszination, die von der digitalen Welt auf sie ausgeht – erbarmungslos aber auch davon, wie sich die Kinder durch die digitale Welt ihr Spiel in der analogen Welt rauben lassen.
Kein Wunder, dass die Bewerbung der Eichendorff-Theater AG bei den 7. Bayerischen Theatertagen für Grund-, Mittel- und Förderschulen erfolgreich war. Die Intensität der Produktion, die tatsächlich fast komplett ohne Sprache auskommt, ist beeindruckend und wirklich außergewöhnlich für theaterspielende Grundschüler. Mit extremem Bewusstsein für den eigenen Körper halten die fünfzehn Schüler 35 Minuten lang die Spannung aufrecht.
Besonders für die Eichendorff-Grundschule mit einem sehr hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund und zwei reinen Übergangsklassen ist das Körpertheater eine besonders geeignete Ausdrucksmöglichkeit, denn dabei steht nicht die Sprache im Fokus.
Vier Tage hat die Theater AG Mitte Juli in Passau, wo die Regierung von Niederbayern im Auftrag des Bayerischen Kultusministeriums und des Pädagogische Arbeitskreises Theater in Schulen (PAKS) die 7. Zentralen Bayerischen Theatertage der Grund-, Mittel- und Förderschulen in Bayreuth unter dem Motto „Theater zieht Kreise“ veranstaltet hat, verbracht. Im Rahmen des viertägigen Festivals hatten die Hofer Schülerinnen und Schüler als einzige Vertreter einer oberfränkischen Schule die Gelegenheit, ihr Stück „Online“ zweimal zu präsentieren und acht Stücke der weiteren teilnehmenden drei Grund-, sechs Mittel- und einer Förderschule anzuschauen.
Wie seid ihr auf das Stück gekommen? Warum gibt es keine Sprechrollen? Wie lange habt ihr dafür geübt? Dies und vieles mehr wollen die zuschauenden Schüler von den Hofer Nachwuchs-Schauspielern wissen, bevor sie ihnen den Paksos, eine Art Schultheatertage-Oskar, für die Bereiche „Starke Bilder“ und „Nachdenklichkeit“ verliehen. „Der Paksos ist aber kein Preis im Rahmen eines Wettbewerbs, sondern er wird jeder teilnehmenden Gruppe von einer anderen Gruppe unter Auswahl der beiden Kriterien, die das Stück besonders stark erfüllen, verliehen“, erklärt Jule Schleiter.
Zu Fuß legt die Gruppe in diesen vier Tagen viele tausend Schritte zurück – und sieht und erlebt dabei viel: Der Weg von Spielstätte zu Spielstätte führt durch die historische Altstadt von Passau, entlang an Donau und Inn, und selbst die Veste Oberhaus oberhalb von Passau lernen die Grundschüler kennen, denn dort findet am letzten Abend eine Disco für alle 300 angereisten Schüler statt. „Schau mal, ich habe die Nummer von Vanessa bekommen. Die hat die Julia in „LoveShakes“ gespielt – und die ist schon 13!“ Stolz präsentiert eins der Hofer Mädchen ihren beschrifteten Unterarm und berichtet, wie begeistert im Gegenzug die Mittelschul-Truppe aus Friedberg von „Online“ ist, bevor sie zu der mittlerweile komplett durchmischten Gruppe zurückgeht.
„Das ist das Besondere an den Bayerischen Schultheatertagen, an denen ich bereits zweimal mit der Theater AG der Eichendorff-Grundschule teilnehmen durfte: Wie bei den Hofer Filmtagen sehen die Schüler eine Produktion nach der anderen, tauchen vollkommen ab in die Theaterwelt und fachsimpeln auch mit den anderen Gruppen. Dabei werden gerade unsere Schüler, weil sie auf einem sehr hohen Niveau Theater machen, auch von den Älteren ernst- und auf Augenhöhe wahrgenommen“, erzählt Jule Schleiter.
„Wir müssen davon weggehen, nur die Regelstunden in der Schule abzudecken, denn auch und gerade die AG-Stunden für Sport, Computer, Theater etc. bereichern das Schulleben ungemein – und vor allem an der Eichendorff-Schule müssen und werden wir auf jeden Fall die Stunden für die Theater-AG weiterhin abdecken!“, bemerkt Schulrat Stefan Stadelmann. Er ist extra zusammen mit Ulrike von Rücker, Rektorin der Eichendorff-Grundschule, nach Passau angereist, um „seine“ Hofer Kinder an derart prominenter Stelle spielen zu sehen.
Auch Ulrike von Rücker ist sehr stolz auf die Arbeit der Theater AG, die den Kindern – losgelöst vom schulischen Kontext – die Möglichkeit gibt, sich auszuprobieren und den eigenen Körper zu erfahren. „Das, was Jule Schleiter mit unserer Theater AG macht, geht wirklich weit über „normales“ Schultheater mit Verkleiden und Textaufsagen hinaus“, resümiert die Rektorin.  Christine Wild

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