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Die St. Heinrichskapelle – ein Geheimtipp im Hofer Land

Mesner Robert Resch kennt die St. Heinrichskapelle seit seiner Kindheit. Der Klingelbeutel stammt noch aus dem Eröffnungsjahr 1932.

Mesner Robert Resch kennt die St. Heinrichskapelle seit seiner Kindheit. Der Klingelbeutel stammt noch aus dem Eröffnungsjahr 1932.

Der Berger Winkel-Weg birgt eine Etappe, die Wanderer immer wieder besonders verzaubert: Wer von Tiefengrün nach Untertiefengrün läuft, der steht unvermittelt einer Kapelle gegenüber, die genauso gut eine romantische alte Burg sein könnte. Die St. Heinrichskapelle über Untertiefengrün sieht aus wie roh mit Bruchsteinen zusammengemauert und bewusst trutzig und wehrhaft ins Land gestellt.

Genau dieser Eindruck sei auch das Ziel des Architekten Fritz Fuchsenberger gewesen, weiß Robert Resch, der seit fast 20 Jahren ehrenamtlich als Mesner der St. Heinrichskapelle wirkt. Er ist mit der Kapelle aufgewachsen, war hier Ministrant und ein Leben lang Gottesdienstbesucher. Sein Vorrat an Anekdoten scheint unermesslich. So weiß er auch, dass das heute so faszinierend wirkende Kirchlein anfangs auf wenig Gegenliebe stieß: „Die Leute monierten, die Kapelle wirke wie eine Burgruine, der man ein Dach aufgesetzt habe, um sie vor dem Verfall zu retten.“
Das ungewohnte Erscheinungsbild sei aber Absicht gewesen. Gerade mal 190 Katholiken hätten zu Beginn der 1930er Jahre in Tiefengrün, Hirschberg und Umgebung gelebt – gegenüber 12.000 Nichtkatholiken. Der Bauplatz wurde vom Besitzer der Hirschberger Lederfabrik Heinrich Knoch für seine katholischen Arbeitnehmer gestiftet – eine Art Diaspora der Thüringer auf bayerischem Boden also. Mit der Wehrhaftigkeit der Kapelle habe Architekt Fuchsensberger darauf Bezug nehmen wollen und zudem auf das raue Frankenwaldklima. Auch an die Wehrkirchen der Gegend habe er bei seinem Entwurf gedacht und zudem bewusst auf heimische Gesteine zurückgegriffen.
Inzwischen ist die St. Heinrichskapelle ein Ort gelebter Ökumene. Jeweils am ersten Sonntag im Monat um 18 Uhr besuchen die katholischen Gläubigen der Umgebung den Abendgottesdienst; am dritten Sonntag im Monat feiern die evangelischen Christen um 8.30 Uhr ihren Gottesdienst. Besonders beliebt sind die Weihnachtsgottesdienste: „Dann ist es proppenvoll, und die 70 Plätze reichen nicht aus“, erzählt Mesner Resch. Immer mehr Brautpaare entdeckten die Kapelle als Ort der Eheschließung. Nicht nur sie seien immer wieder erstaunt über die Besonderheiten, die das Bauwerk auch im Innern aufweist. Zu den Schätzen der St. Heinrichskapelle gehören eine Schwarze Madonna, ein Bild der Heiligen Kunigunde und ein von Carl Orff gestiftetes Marienbild.
Schmunzelnd weist Robert Resch auf eine weitere Außergewöhnlichkeit hin: „An uns ist das II. Vatikanische Konzil vorbeigegangen, der Tabernakel ist noch in der Altarmitte zu finden.“ Wer genau hinschaut, kann direkt darüber an der spitz zulaufenden Decke noch Spuren von etwas entdecken, das ebenso einmalig sein dürfte: „Da oben hing ein riesiges Hornissennest, das wir aus Tierschutzgründen nicht entfernen durften. Also wurde der Pfarrer während der Predigt von den Insekten umschwirrt, bis sie irgendwann von selbst verschwanden.“

Die Pfarrer der St.-Heinrichskapelle hatten so einiges auszuhalten. Bevor die evangelische Gemeinde eine Heizung stiftete, sei es beim Gottesdienst im Winter eiskalt gewesen: „Einmal froren dem Geistlichen bei minus 24 Grad sogar die Finger am Abendmahlskelch fest“, erinnert sich Robert Resch. Andererseits fanden die Pfarrer aber auch immer einen Ort der geistlichen Einkehr, wenn sie im winzigen Studierzimmer über dem vergitterten Innenhof verweilten – auf Wunsch auch über Tage hinweg, denn es gibt einen kleinen Ofen und eine Schlafgelegenheit in der Kammer.
Die Stille und besondere Stimmung in der St. Heinrichskapelle wirkt auch auf Mesner Resch bis heute zutiefst anziehend. Sein Ehrenamt ist mit viel Arbeit verbunden, aber bringt auch ein Privileg mit sich: „Ich habe die Schlüsselgewalt an einem der schönsten Orte meiner Heimat und kann mich jederzeit hierher zurückziehen“, sagt er. „Alles, was gestern war oder sich gerade auf der Straße abspielt ist dann ausgesperrt, und ich fühle mich sicher wie in einer Burg.“ Manfred Köhler

Vom kleinen Parkplatz der St. Heinrichskapelle aus hat man einen wunderbaren Blick hinüber auf das Hirschberger Schloss. Mesner Robert Resch empfiehlt das Saaleufer auf Thüringer Seite für einen Spaziergang zu besonderen Orten – zum Beispiel über den Hängesteg zum Hag-Park, zum sogenannten Sauzwinger und zur „längsten Sitzbank der Welt“. Abrunden kann man den kleinen Ausflug mit einem Besuch im Park rings um das Museum Lederfabrik Hirschberg.

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