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Wikutec fertigt für Auto-Riesen: Teile aus Selbitz erobern die Welt

Christine und Klaus Wirth produzieren in ihrem Werk in der Neuhauser Straße 8 in Selbitz unter anderem Zubehörteile für Automobilgiganten wie zum Beispiel Porsche und VW. Foto: Manfred Köhler

Christine und Klaus Wirth produzieren in ihrem Werk in der Neuhauser Straße 8 in Selbitz unter anderem Zubehörteile für Automobilgiganten wie zum Beispiel Porsche und VW. Foto: Manfred Köhler

Autos von Porsche und VW, die über den ganzen Erdball verstreut unterwegs sind, haben eines gemeinsam: Kunststoffteile ihrer Innenausstattung stammen aus Selbitz im Landkreis Hof. Die Firma Wirth Kunststofftechnik GmbH, kurz Wikutec, beliefert außerdem zahlreiche andere große Unternehmen.

Schon der Start gelang mit einer der ganz bekannten Firmen in Deutschland: Als Ein-Mann-Unternehmen fing der Unternehmensgründer Klaus Wirth 2001 in Döhlau bei Null an und produzierte Spritzgießteile für die ersten Kunden wie zum Beispiel Playmobil. Die Anschaffung erster Spritzgussmaschinen sollte sich bald lohnen: „Unsere Produkte waren so gefragt, dass wir schon im Jahr 2003 Maschinen mit einer Schließkraft von 500 Tonnen benötigten“, erinnert sich Christine Wirth, die das Unternehmen zusammen mit ihrem Mann leitet.
Heute haben die größten Spritzgießmaschinen der Wikutec eine Schließkraft von bis zu 1.300 Tonnen. Klaus und Christine Wirth betrachten es als großes Glück, mit der Produktions- und Lagerhalle in der Neuhauser Straße 8 in Selbitz den für sie optimalen Standort gefunden zu haben. „Bevor wir 2011 von Döhlau hierher umziehen konnten, haben wir lange suchen müssen“, erinnert sich Christine Wirth. Zuvor habe man den ehemaligen Spinnereibetrieb aufwändig saniert. Noch heute ist das Ehepaar Wirth dankbar dafür, wie offenherzig sie von den Selbitzern empfangen wurden.
Der Maschinenpark der Wikutec GmbH läuft rund um die Uhr und fertigt parallel wie am Fließband die unterschiedlichsten Kunststoffteile – von kleinen, knifflig zu gießenden Verpackungselementen von wenigen Gramm bis hin zu sechs Kilo schweren Großobjekten. Bei vielen Formen muss man erst mal genau überlegen, worum es sich handeln könnte. Andere wiederum, wie die blauen Stadionsitze für die großen Sportarenen des Landes, verraten ihre Funktion auf den ersten Blick. Derweil oben produziert wird, findet unten im Keller die ständige Qualitätskontrolle statt: Stichprobenweise wird jedes der unterschiedlichen Produkte auf mögliche Abweichungen in der Form überprüft. Die Daten dienen den Kunden gegenüber als Beleg für die Zuverlässigkeit.
Aktuell beschäftigt die Wikutec GmbH 70 zum Teil langjährige Mitarbeiter und bildet in fünf verschiedenen Berufen aus. Der mit dem Mittelstandslöwen 2010 und dem Innovationspreis Top 100 im Jahr 2017 ausgezeichnete Betrieb befindet sich derzeit mitten im Umbau hin zu einer weitestgehend selbstorganisierten Produktion. Dieser unter dem Schlagwort „Industrie 4.0“ bekannte Prozess soll eine optimale Kommunikation und Kooperation zwischen Menschen und Maschinen ermöglichen. „Unsere Mitarbeiter nehmen diese Anpassungen an eine veränderte Arbeitswelt gerne an, weil sie wissen, dass wir in menschengerechtem Tempo vorgehen“, versichert Christine Wirth.

Ein Blick in die Produktion des Selbitzer Unternehmens: 70 Mitarbeiter arbeiten an Spritzgießmaschinen mit einer Schließkraft von bis zu 1.300 Tonnen. Foto: Michael Giegold

Ein Blick in die Produktion des Selbitzer Unternehmens: 70 Mitarbeiter arbeiten an Spritzgießmaschinen mit einer Schließkraft von bis zu 1.300 Tonnen. Foto: Michael Giegold

Dass Weltunternehmen wie VW ihre Fachleute nach Selbitz entsenden, um sich von der Qualität des Standorts zu überzeugen, und dann langfristige Aufträge erteilen, hat für das Ehepaar Wirth mehrere Gründe, allen voran diesen: „Als kleiner Familienbetrieb mit schlanker Verwaltung sind wir sehr flexibel.“ Liebe fürs Detail, ein stimmiges Preis-Leistungsverhältnis und ein Einsatz ohne Wenn und Aber seien selbstverständlich.
Tatsächlich ist Klaus Wirth der Typ Unternehmer, der auch schon mal einen schweren Sack selbst durch die Produktionshalle zerrt und der seinen Leuten immer und überall hilfreich zur Seite steht. Dabei tüftelt er weiter an verbesserten Produkten und hat jüngst sogar ein neues Spielzeug-Patent entwickelt, die „Happy Cards“ – Stapelkarten, die sich mannshoch auftürmen lassen.
Der Jugend gilt grundsätzlich große Aufmerksamkeit. Die Wirths haben selbst Kinder im Alter von sechs und vier Jahren. Für ihren Betrieb sind sie stets auf der Suche nach motiviertem Nachwuchs, und deshalb bieten sie auch schon mal Betriebsführungen im Rahmen von Schulausflügen oder Exkursionen für Studenten der Hochschule Hof an: „Zu sehen, wie ein Unternehmen funktioniert, ist unheimlich wichtig für junge Leute“, sagt Christine Wirth.
Die Hinwendung zu Schülern und Studenten vor Ort ist aber auch Ausdruck der Standorttreue. Wenn es um Oberfranken geht, gerät Christine Wirth ins Schwärmen: „Unser Menschenschlag hier ist sehr geerdet und fleißig. Das macht uns stark im Wettbewerb.“ Auch das weitere Wachstum soll daher in Selbitz stattfinden. „Nach sieben Jahren hier werden unsere Hallen langsam schon wieder zu eng“, verrät Christine Wirth. In einer alten Möbelhalle an der Hofer Straße eröffnet die Wikutec daher bald ihr zweites Werk. Manfred Köhler

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