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Elektromobilität in der Region nimmt Fahrt auf: „E-Lenker sind Zukunftsdenker“

Jürgen Goller aus Brunnenthal möchte sein Elektroauto nicht mehr missen.

Jürgen Goller aus Brunnenthal möchte sein Elektroauto nicht mehr missen.

Seit Mitte 2016 ist Jürgen Goller ein „E-Lenker“. Der Papiermacher aus Brunnenthal lädt sein Elektroauto zu Hause an einer eigenen Ladestation mit selbst erzeugtem Strom, und er „tankt“ auch regelmäßig an der kostenlosen Ladesäule am Rathaus in Hof: „Da kann ich optimal parken und einstweilen in die Stadt gehen, bis die Batterie voll ist“, erzählt er.
Den Umstieg von Benzin auf Strom hat Jürgen Goller nie bereut. „Es gab ein paar kleine Anfangsschwierigkeiten“, räumt er ein. „Aber ansonsten lief alles wie erwartet.“ Ein gewisses Umdenken freilich sei erforderlich. Größere Fahrten plane er jetzt etwas gründlicher, wähle andere Strecken und dabei nicht unbedingt die Autobahn. Generell empfehlen will er den Umstieg aber nicht: „Das muss jeder nach seinen eigenen Anforderungen entscheiden.“
In dem Erfahrungsbericht von Jürgen Goller klingen zwei große Themen an, die für Elektroauto-Interessenten absolut entscheidend sind: Reichweite und Ladegeschwindigkeit. Martin Kastner, beim Verein „Energievision Frankenwald e. V.“ Projektverantwortlicher für die Initiative „E-Lenker sind Zukunftsdenker“, wird genau danach auch immer wieder gefragt, wenn er über das Thema E-Mobilität informiert und berät.

Fast wie beim Sprittanken: Deckel auf und anschließen.

Fast wie beim Sprittanken: Deckel auf und anschließen.

Aus eigener Erfahrung weiß er aber, dass Probleme mit Reichweite und Aufladung schon jetzt in der Praxis kaum noch eine Rolle spielen: „Wenn ich beruflich im Frankenwald unterwegs bin, reicht die Batterieladung von zu Hause problemlos aus. Und bei größeren Fahrten, zum Beispiel nach München, finde ich an den Autohöfen fast überall kostenlose Lademöglichkeiten.“ Dass die Aufladung – noch – bis zu einer Stunde dauern kann, verschweigt Kastner nicht: „Deshalb bieten die Autohöfe das auch kostenlos an, nämlich dass man dann auch bei ihnen einkehrt.“
Eine Stunde auf den Ladevorgang warten zu müssen, könnte aber ohnehin bald Schnee von gestern sein: „Im Moment ist die technische Entwicklung so rasant, dass sich die durchschnittliche Akku-Leistung zuletzt verdoppelt hat.“ So seien 500 Kilometer Reichweite wohl bald kein Thema mehr, ein Hersteller biete sie, auf dem Papier, bereits heute an. „Und was das Ladetempo betrifft, sind meiner Meinung nach fünf bis zehn Minuten in greifbarer Nähe“, verspricht Martin Kastner.
Bei aller Euphorie, das Thema Geduld gehört beim Umstieg auf die Elektromobilität momentan noch dazu. Und das nicht allein beim Laden: „Wir haben uns vor zwei Jahren für das Modell Tesla 3 als berufliches Einsatzfahrzeug entschieden, weil wir ein Zeichen setzen wollten“, erzählt Wolfgang Degelmann, Geschäftsführer der Kreisgruppe Hof des Bundes Naturschutz. Damals sei eine Anzahlung fällig geworden, die Auslieferung wurde für Anfang 2017 versprochen. Anfang 2018 aber wartet der Bund Naturschutz Hof immer noch sehnlichst auf seinen E-Flitzer und überbrückt die Wartezeit derweil mit einem Erdgasfahrzeug.

Bevor man das Ladekabel seines Elektroautos mit der Ladesäule in der Hofer Klosterstraße 3 verbinden und kostenlos Strom tanken kann, muss man sich mit einer Chipkarte identifizieren.

Bevor man das Ladekabel seines Elektroautos mit der Ladesäule in der Hofer Klosterstraße 3 verbinden und kostenlos Strom tanken kann, muss man sich mit einer Chipkarte identifizieren.

Zu der Entscheidung für Tesla steht Wolfgang Degelmann aber nach wie vor: „Damals war sowieso kaum was anderes auf dem Markt, und der Tesla 3 hat nach wie vor ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Anders ausgedrückt, ist dieses Alltagsfahrzeug ein echtes Schnäppchen, und deshalb lohnt sich das Warten auch.“ Tesla zu unterstützen, sei außerdem bis heute richtig, denn: „Nur wegen dieses Vorbildgebers sind alle anderen Hersteller überhaupt in die Gänge gekommen und haben damit angefangen, das Thema zu bearbeiten.“
Und das im Eiltempo. Inzwischen bieten praktisch alle europäischen Autobauer die unterschiedlichsten Elektroauto-Modelle an. Die Reichweiten liegen zwischen 150 und 520 Kilometern – wobei Martin Kastner vor übertriebenen Erwartungen warnt: „Im Winter und über Land reichen die Batterien längst nicht so weit.“ Denn kurioserweise ist es bei den E-Autos, verglichen mit Benzinfahrzeugen, genau umgekehrt: Im Stadtverkehr schafft man mehr Kilometer. „Das liegt daran, dass sich die Batterie beim Ausrollen und Bremsen Energie zurückholt“, weiß der Fachmann.
Die Fahrzeuge, die auf diese Weise in Hof unterwegs sind, kann man derzeit noch zählen. „Nur rund 0,7 Prozent der zugelassenen Autos fahren im Moment elektrisch“, bedauert Martin Kastner. Damit sei es in Hof nicht anders bestellt als bundesweit. Auch die Zahl der Ladesäulen in der Stadt Hof sei im Verhältnis mit anderen Städten vergleichbar – drei Stück sind es aktuell und damit genau so viele wie in Bayreuth. Zu den Vorreitern in der Region gehöre der Landkreis Kulmbach: „Dort hat praktisch jeder kleinere Ort seine eigene Ladesäule.“
Damit es so schnell wie möglich weiter vorwärtsgeht, was die Elektromobilität betrifft, betreibt Martin Kastner in vielfacher Weise Aufklärung. Kommunen, inhabergeführte Einzelhändler und öffentliche Einrichtungen will er von den Vorteilen elektrobetriebener Dienstfahrzeuge bis hin zu ganzen E-Auto-Flotten überzeugen. Und Privatpersonen informiert er bei Beratungstagen im Landratsamt Hof, wie sie auch in diesem Monat wieder stattfinden. Die genauen Termine und viele Infos zum Thema findet man unter www.energie-frankenwald.de oder www.zukunftsdenker.vision. Manfred Köhler

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