Das 1. Hofer Sonnenhaus des Architekturbüros Fickenscher ist vom 10. Juni bis zum 10. September im Rahmen einer Multimedia-Präsentation zum Thema „Future Energy“ im deutschen Pavillon auf der Expo-Weltausstellung 2017 in Kasachstans Hauptstadt Astana vertreten. Der Ausstellungsbeitrag entstand auf Initiative des bayerischen Wirtschaftsministeriums.
Das Hofer Sonnenhaus ist ein Green-Building-Projekt mit einem zukunftsweisenden Energie- und Baukonzept, bei der die Speicherung von Solarenergie eine Hauptrolle spielt.
Wer nicht erst bis nach Astana reisen will, kann das Hofer Sonnenhaus am Sonntag, 25. Juni, ab 14 Uhr auch vor Ort in der Heiligengrabstraße 13-15 besichtigen. Im Rahmen der „Architektouren 2017“, einer Veranstaltung der bayerischen Architektenkammer, ist das Sonnenhaus für Interessenten geöffnet und lädt vor allem Familien ein. Denn bei den „Kinderarchitektouren“ können die jungen Besucher ab 14 Uhr Saalekiesel betonieren, Finnfarben herstellen, Strohballen und Ziegel bauen und Solarwärme erfahren.

Ein Foto aus der Bauzeit: Susanne und Uwe Fickenscher mit ihrer Tochter Eva vor dem Hofer Sonnenhaus.
Der Hofer Architekt Uwe Fickenscher beschäftigt sich bereits seit über 20 Jahren mit nachhaltigem und energieeffizientem Bauen in einem bezahlbaren Rahmen. 2010 plante sein Büro das erste Sonnenhaus in Oberfranken, es entstand in Oberkotzau. Vor vier Jahren entstand in Hof auf einer Industriebrache an der Saale das eigene Wohnhaus mit Architekturbüro, und zwar an historischer Stätte: Johann Georg Herold hatte hier bereits 1782 im Zuge der Industrialisierung eine Kattun-Druckerei und Baumwollgewebe-Manufaktur errichtet und damit die erste eigentliche Fabrik in Hof überhaupt erbaut. Später betrieb Robert Vorhölzer an gleicher Stelle eine Maschinenbaufabrik und beschäftigte sich mit der Weiterentwicklung von Dampfmaschinen zur Nutzung von Braunkohle aus dem böhmischen Revier. „Schon vor 150 Jahren haben sich hier also Menschen mit Energiefragen auseinandergesetzt“, sagt Uwe Fickenscher.
Allerdings hat der Hofer Architekt, verglichen mit den Patenten Vorhölzers, überhaupt nichts am Hut mit fossilen Brennstoffen. Sein Sonnenhaus bezieht die Energie für Raumwärme und Warmwasser zum allergrößten Teil aus der Sonne. Ein steiles nach Süden ausgerichtetes Dach mit Solar-Wärme-Kollektoren fängt im Winter reichlich Strahlen der tief stehenden Sonne ein und wandelt diese in nutzbare Wärme um. Ein 40.000 Liter fassender Wasserturm, Solar-Puffer-Speicher genannt, betreibt die warmwassergeführte Fußbodenheizung mit Sonnenwärme. Das Architekturbüro wird auf diese Weise zu 100 Prozent mit Solarwärme beheizt. Um im Wohnhaus auch für extrem sonnenarme und besonders lange kalte Winter gerüstet zu sein, gibt es im Sonnenhaus noch einen kleinen Zusatzheizkessel, der komfortabel und klimaschonend Holzpellets als nachwachsenden Brennstoff verarbeitet.
Uwe Fickenscher arbeitet bereits daran, noch weiter von Fremdenergiebezug unabhängig zu werden und auch einen Beitrag zur Stromenergiewende zu leisten. Das soll mit einem kleinen Windrad und einer zusätzlichen Fotovoltaik-Anlage zur Stromgewinnung erfolgen. Auch in dem Bereich wird an der Frage der Energieeffizienz und Energiespeicherung gearbeitet. Die Frage der optimalen Wärmeisolierung hat der Architekt längst gelöst und beim Bau neben Ultraleichtziegeln auch auf Naturbaustoffe, wie zum Beispiel Strohballendämmung, gesetzt. Auch der Wasserturm ist perfekt abgeschirmt – von den rund 85 Grad im Inneren merkt man überhaupt nichts, wenn man die Hand an die Turm-Außenwand legt.
Mit dem 1. Hofer Sonnenhaus will Uwe Fickenscher auch zeigen, dass umweltfreundliches Bauen nicht teuer sein muss: „Das ist ein sehr einfaches Bauwerk, das auf einer simplen Betonplatte errichtet worden ist. Auf Oberflächen-Veredlungen haben wir weitgehend verzichtet.“ Raffinierte Details, zum Beispiel eine Treppe aus recycelten Deckenbalken, sorgen für besondere Akzente, halten aber ebenfalls die Kosten niedrig, denn: „Was wir am Haus selbst gespart haben, konnten wir in die Anlagentechnik investieren und die spart auf Dauer Betriebskosten.“
Längst sind die Sonnenhäuser in Hof und Oberkotzau nicht die einzigen des Architekturbüros Fickenscher – neun sind es bereits an der Zahl. So wurde zum Beispiel bei Aachen ein alter Vierseithof zum größten Sonnenhaus-Altbau Deutschlands umgebaut. Die neuesten Projekte entstanden jüngst in Herzogenaurach, Wunsiedel und im Landkreis Bayreuth. Das Hofer Sonnenhaus aber steht als größter Sonnenhaus-Neubau und wegen seiner lang gestreckt-dynamischen Architektur im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Delegationen aus Nigeria, Myanmar, Mosambik, Brasilien und der Mongolei informierten sich bereits auf dem idyllischen Fleckchen Erde am Saaleufer über das ungewöhnliche und zukunftsweisende Baukonzept.
Die Gäste aus der Mongolei und ihre Erzählungen wiederum haben Uwe Fickenscher fasziniert: „In der Steppe aber auch in der Hauptstadt dort herrschen im Winter bis zu minus 38 Grad, aber gleichzeitig scheint fast ständig die Sonne.“ Die Möglichkeiten für Sonnenhäuser dort seien also nahezu ideal. Schon jetzt sehe man Jurten mit Fotovoltaikanlagen, in denen man damit erstmals einen Fernseher betreiben könne. „Für die Menschen dort ist es Luxus, nicht frieren zu müssen und sauberes warmes Wasser zu haben. Dass das nicht selbstverständlich ist, haben wir in Deutschland fast ein wenig vergessen“, sagt der Architekt.
Das Hofer Sonnenhaus sieht Uwe Fickenscher auch als Beleg für die Stärken der Region: „Wir haben hier eine gute Bauwirtschaft, die geeigneten Materialien und durchaus auch die Sonnenscheindauer, um uns hinreichend mit Solarenergie zu versorgen. Gerade als Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft für Energie und Nachhaltigkeit der Bayerischen Architektenkammer merke ich immer wieder, wie viel unsere Region insgesamt zu den Themen Energie und Nachhaltigkeit beitragen kann.“ Manfred Köhler