
Zum Abschied steht Intendant Michael Lerchenberg mit Thomas Bernhards „Theatermacher“ auf der Bühne.
Foto: Luisenburg/Florian Miedl
Michael Lerchenberg, seit 2004 Intendant der Luisenburg Festspiele, kehrt Wunsiedel den Rücken. Der Abschied wird einer mit Pauken, Trompeten, Blasmusik und bekannten Theatergesichtern, wie Mr. Mistoffelees und seinen Kätzchen, den Blues Brothers, dem Boandl-kramer und Heidi.
Ja, Michael Lerchenberg war ein Gewinn für die Luisenburg, für Wunsiedel und die Region. Er hatte den Mut, Musicals auf einer Freilichtbühne zu inszenieren und zog so selbst stoische Theater-Verweigerer auf die Luisenburg: Freche, bunte und turbulente Inszenierungen wie „Die Rocky Horror Show“, „Blues Brothers“ oder auch „Cats“ reüssierten als wahre Kassenschlager. Zum ersten Mal wurde in den Zuschauerrängen getanzt und mitgesungen, wurden von sonst ganz seriösen Herren zerrissene Netzstrümpfe getragen und Reis auf die Bühne geworfen. Ja, das war schon eine kleine Sensation. Wichtig war ihm aber auch der Nachwuchs. Nicht nur auf der Bühne, sondern auch auf den Rängen: Da wollte er Kinder frühzeitig für „gutes“ Theater begeistern. Der neu geborene Vierklang der Genres Musical, Volksstück, Klassiker und Kinderstück zieht seither jährlich durchschnittlich 140.000 Zuschauer nach Wunsiedel – mehr als die Hälfte von weit außerhalb, was sicher auch der Prominenz des Intendanten zuzuschreiben ist. Lerchenberg (63) hat einen Namen, als Theater- und Filmschauspieler und als Kabarettist. Seit Lerchenberg pilgern Theaterfreunde aus Oberbayern nach Oberfranken. Auch das ist eine kleine Sensation.
Als Intendant hat er die Luisenburg zur Konzertbühne für Bands wie die Spider Murphy Gang, die Erste Allgemeine Verunsicherung, BAP, Konstantin Wecker oder Haindling gemacht; hat Schauspielgrößen wie Harry Rudolz, Rosel Zech, Michael Brandner, Diana Körner, Siemen Rühack oder Michael Altmann nach Wunsiedel geholt. Lerchenberg ist nicht nur als Intendant und Regisseur aktiv, sondern steht selbst immer wieder auf der Bühne – unter anderem in seiner Paraderolle als „Boandlkramer“ im „Brandner Kaspar“.
Nicht nur inhaltlich, sondern auch baulich hat Lerchenberg in Wunsiedel Berge versetzt und Steine ins Rollen gebracht: nicht zuletzt durch eine umfassende Generalsanierung von Bühne, Bühnentechnik und Betriebsgebäude. Er hat die schöne und einzigartige, aber mit über 125 Jahren etwas in die Jahre gekommene Naturbühne gründlich entstaubt, zeitgemäß aufgepeppt und ihr so wieder zu neuem Glanz verholfen. Die Wunsiedler Luisenburg gilt heute als kultureller „Leuchtturm“ in der Region. Und das tut auch dem Lebens- und Wirtschaftsraum Wunsiedel gut, denn der Festspielbetrieb ist Arbeitgeber und zieht Tagestouristen ins Fichtelgebirge. Und wenn man das so liest, dann wird klar: Eigentlich war das alles, was da auf der Luisenburg in den vergangenen 14 Jahren passiert ist, eine kleine Sensation.
Dennoch gab’s in den letzten Jahren hinter den Kulissen gewaltig Knatsch. Die Rede war von einem „Luisenburg Krimi“, der so nicht im Spielplan stand. Protagonisten: der Wunsiedler Stadtrat einerseits und Luisenburg-Intendant Michael Lerchenberg andererseits. Das Ende des Dramas: Der wohl bisher erfolgreichste Intendant, den die oberfränkische Freilichtbühne je hatte, geht. Was das für die Luisenburg Festspiele bedeuten wird? Das wird man ab 2018 beobachten.
Seine letzte Saison inszeniert Lerchenberg als grandioses Feuerwerk mit Publikumsmagneten wie dem Volksstück „Die Pfingstorgel“, dem Musical „Cats“, dem Kinderstück „Heidi“, das als Familienmusical gegeben wird, mit der „Csárdásfürstin“, der „Zauberflöte“, einem „Best of“-Potpourri der letzten 14 Lerchenberg-Luisenburg-Jahre sowie einem besonderen Schmankerl: dem Klassiker von Thomas Bernhard „Der Theatermacher“. Sabine Raithel