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Der Mann, der die Optiker-Kittel abschaffte

fichtner„Ich war schon immer ein Mensch, der Mode gemacht hat“, sagt Gerd Fichtner. Perfekt gestylt – modisch, lässig, elegant – hilft er seit über 60 Jahren zahllosen Hofern, die richtige Brille zu finden. Und denkt dabei noch längst nicht an ein geruhsames Rentner-Dasein: „Warum sollte ich nicht mehr arbeiten? Ich bin fit und liebe meinen Job.“

Brillen Fichtner feiert heuer Jubiläum: Am 15. September 1931 eröffnete Gerd Fichtners Vater Alfred Fichtner das Geschäft, das damals noch mitten in der Hofer Altstadt zu finden war. Gerd Fichtner trat 1955 ins Geschäft ein – als „Saustift“, wie er selbst sagt, der sich neben seinem Vater und seinem großen Bruder die Sporen erst noch verdienen musste. Im Rahmen seiner Lehrjahre war der Hofer viel im Ausland unterwegs, schaute immer gerne über den Tellerrand, und durfte unter anderem die Erfindung der Gleitsicht-Gläser – eine Revolution des Optiker-Handwerks – in Paris aus nächster Nähe miterleben.
1964 zog Brillen Fichtner in die Ludwigstraße um, wo größere und modernere Geschäftsräume zur Verfügung standen, die 1994 abermals umgebaut, modernisiert und erweitert wurden. Alfred Fichtner setzte sich 1983 zur Ruhe, und seine beiden Söhne übernahmen das Geschäft, das seit dem freiwilligen Ausscheiden des Bruders 1994 von Gerd Fichtner allein geführt wird. Sowohl seine Frau Eva Fichtner als auch die Töchter Simone Fichtner-Meyer und Britta Herrmann arbeiten mit viel Engagement und Herzblut in dem Familienunternehmen mit.
Britta Herrmann zeichnet für die Filiale in der Altstadtpassage verantwortlich: Dort gibt es seit den 90er Jahren unter dem Namen „Trend Optik“ besonders modische und flippige Brillen-Modelle für alle jungen und jung gebliebenen Kunden. Annegret Grunow kümmert sich exklusiv um das Kontaktlinsen-Studio im Obergeschoss und hat schon so manchem Problemfall zu neuem Linsen-Glück verholfen. Optiker-Meister Oliver Krauß ist der Firma seit 30 Jahren treu und kümmert sich um die Auszubildenden. Außerdem ist er Spezialist für Computerbrillen, Gleitsichtgläser und vergrößernde Sehhilfen. Insgesamt hat die Firma Brillen Fichtner neun Beschäftigte – darunter eine Auszubildende. Gerd Fichtner legt viel Wert darauf, dass sich jeder auf seinem Gebiet bestens auskennt und die Kunden kompetent und umfassend beraten und betreuen kann.
„Junge Menschen auszubilden war für uns schon immer selbstverständlich“, betont Fichtner. Alles andere als selbstverständlich ist es für den Hofer dagegen, um jeden Preis an alten Konventionen festzuhalten. So führte er in den 80er Jahren eine Revolte an, die nicht nur in Hof hohe Wellen schlug, sondern ihm sogar einen Anruf der Innung einbrachte. Heute erinnert sich kaum mehr jemand daran, dass anno dazumal nicht nur Apotheker im Dienst einen weißen Kittel trugen, sondern auch Menschen, die eine Brille brauchten, ihren Optiker nur so zu sehen bekamen.
Für Gerd Fichtner, der Individualität liebt und Mode zelebriert, ein Ding der Unmöglichkeit. Als einer der ersten Optiker überhaupt legte er den Kittel ab und befahl seinen entsetzten Angestellten legere, aber ordentliche Kleidung. Schließlich sollten diese Mode verkaufen und Brillen, die ihren Trägern Freude machen. Mausgrau – oder einheitsweiß – war eben noch nie Fichtners Ding. Daran konnten auch die empörten Kollegen der Handwerker-Innung nichts ändern.
Sandra Langer

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