Wir leben in einer Plastikwelt. Ausstieg unmöglich? Dass ein Leben ohne Kunststoff machbar ist, beweist Nadine Schubert aus Neuschleichach. Sie lebt mit ihrer Familie seit zweieinhalb Jahren (nahezu) plastikfrei.
Nadine Schubert steht in ihrer Küche, schneidet Bio-Kernseife in Würfel, nimmt einen davon und übergießt ihn mit kochendem Wasser. „Das lass ich jetzt mindestens zwei Stunden stehen. Den Aufguss verwendet ich als flüssiges Waschmittel, so spare ich mir den Einkauf von Chemie in Plastikflaschen.“ Seit zweieinhalb Jahren lebt die Journalistin und ehemalige Radio-Moderatorin mit ihrer Familie nahezu plastikfrei. „Es ist so einfach“, ist sie überzeugt.
Wir sind Kinder des Plastikzeitalters. Plastik ist schön und Plastik ist praktisch. Ob Babyschnuller, eingeschweißter Käse oder Nudelverpackung, Plastiktüte, Kugelschreiber, Cremetube, Spülmittelflasche, CDs, Fleecejacke, Schnellhefter, Möbelbeschichtung oder Auto: Kunststoff umgibt uns überall und in allen Lebensbereichen. „Im Fernsehen habe ich eine Reportage über die gesundheitlichen Auswirkungen von Kunststoffen gesehen. Damals war ich gerade mit unserem zweiten Kind schwanger. Das war für mich die Initialzündung, unser Leben umzukrempeln und nicht nur Plastik, sondern, so gut es geht, auch schädliche Inhaltsstoffe, beispielsweise in Lebensmitteln oder Kosmetika, zu verbannen“, erinnert sich Nadine Schubert.
„Ich habe erst mal meinen ganzen Haushalt einer Inventur unterzogen. Weggeworfen habe ich nichts. Denn ich finde Plastik wegzuwerfen mindestens so problematisch, wie Plastik zu kaufen. Meine Tupper-Dosen-Sammlung habe ich verkauft und mir dafür hochwertige Glas-Vorratsdosen zugelegt. Und in die leeren Plastik-Sprühflaschen fülle ich heute mein selbstangesetztes Putzmittel.“ Im nächsten Schritt habe sie damit angefangen, beim Lebensmittel-Einkauf Plastik zu vermeiden.
Auf Plastiktüten zu verzichten sowie Obst und Gemüse als lose Ware, Öl und Milchprodukte in Glasflaschen zu kaufen, sei ohnehin kein Problem. „Etwas schwieriger war es, den Metzger zu überzeugen, dass er mir die Wurst in meine mitgebrachte Dose legt und nicht in die üblichen (Plastik-)Tütchen wickelt. Gerade hier wird ja oft mit Hygienebestimmungen argumentiert.“ Aber die findige junge Frau hat sich schlau gemacht: „Laut Gesetz darf die mitgebrachte Dose auf die Theke, aber nicht hinter die Theke. Also gibt mir der Verkäufer die Wurst und auch den Käse in meine Bambus-Dose, die ich auf die Theke stelle.“
Im Bio-Laden ist man da ohnehin meistens offener. „Mittlerweile stoße ich aber auch im konventionellen Supermarkt auf großes Verständnis. Der Leiter unseres hiesigen Edeka-Marktes präsentierte mir letzthin sogar stolz die neuen Einkaufskörbchen aus Recyclingmaterial. Und nicht nur das: Hier bekomme ich beispielsweise auch losen Mozzarella, der dann in meinem mitgebrachten Glas nach Hause transportiert wird.“ Beim Bäcker lasse sie sich die Brötchen in ein Leinensäckchen füllen. Nudeln bestelle sie direkt bei einem Hersteller, der eine Papierverpackung statt der üblichen Plastikhülle anbietet. Alles, was in Plastik verpackt ist, wie Gummibärchen, Schokolade in Plastikfolie, Margarine, fertiger Kloßteig oder auch Plastik-Zahnbürsten kommen ihr nicht in die (Jute-)Tüte.
Im Bereich Körperpflege setze sie auf Einfaches und Altbewährtes: Zum Duschen gibt es duftende Naturseifen; die Haare werden bei Familie Schubert mit „festem Shampoo“, einem seifenfreien Waschstück, gewaschen. „Die Kinder lieben es!“ Für die Pflege gibt es wertvolle Öle aus Glasbehältern. Das Deo wurde durch eine Aluminiumsalz-freie Paste mit Papierverpackung aus dem Bio-Handel ersetzt.
Das alles schone, so die junge Mutter, nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel. „Mittlerweile zieht sich das Motto ‚plastikfrei‘ durch alle Bereiche unseres Lebens.“ Es gäbe, so Schubert, eigentlich immer eine Alternative. Wirklich schwierig sei es noch im Bereich der dekorativen Kosmetik („Mascara gibt es nur in Plastikhülsen“) und bei Ski- bzw. Schnee-Kleidung. Und auch das Geo-Dreieck, dass Sohnemann Emilio in der Schule benötige, sei leider aus Plastik.
„Ich bin eine moderne, berufstätige Mutter von zwei Kindern. Und ich möchte gerne auch anderen Leuten Mut machen, in Sachen Konsum ihren eigenen Weg zu gehen und bewusster zu werden. Ich bin der beste Beweis, dass das unkompliziert möglich ist. Manchmal braucht es vielleicht ein wenig Mut, den ersten Schritt zu wagen und offen dazu zu stehen.“
In ihrer Familie und im Freundeskreis habe sie schon einige mit ihrem plastikfreien Leben zur Nachahmung motiviert. Und es sollen noch mehr werden. Mit ihrem Blog „www.besser-leben-ohne-plastik.de“ hat sie bereits 53.000 Leser erreicht. Hier gibt sie kurzweilig ihr umfangreiches Wissen weiter, darunter auch Einkaufstipps und Rezepte zum Beispiel für selbst gemachte Zahnpasta.
Und im Februar 2016 ist im Oekom Verlag ihr erstes Buch erschienen: „Besser leben ohne Plastik“. Tipps für eine bewusste Lebensweise verrät sie auch in ihrem Blog. Sabine Raithel