
Der Schweizer Daniel Klajner ist seit der Spielsaison 2010/2011 „Erster Gastdirigent“ des Orchesters.
Sie genießen unter Musikkennern und -freunden glänzendes Ansehen. Sie gelten als musikalisches und musisches Zentrum. Das Konzept von Orchester plus Musikschule ist bundesweit einmalig, wirtschaftlich ein intelligenter Coup und begeistert Schüler, Eltern und Erziehungswissenschaftler weit über die Grenzen Oberfrankens hinaus. Vor allem aber sind sie die musikalische Seele und das klingende Aushängeschild der Region. Die Hofer Symphoniker werden in diesem Jahr 70 Jahre alt – und sind attraktiver denn je.
Masaru Emoto ist Wissenschaftler mit einem Faible für Klang. In einem spektakulären Experiment hat er Wasser mit harmonischen Melodien besungen und bespielt und dann die Kristallbildung unter Minusgraden untersucht. Letztlich fand der Japaner heraus, dass sich Klänge, die Schwingungen der Musik, in Materie manifestieren können. Je harmonischer die Musik, desto schöner und geordneter waren die Kristalle. Aber eigentlich ahnten wir das bereits vorher. Denn schon die Jahrtausende alten heiligen Überlieferungen und Schriften des Ostens und Westens lehren, dass die Welt durch den Klang geboren wurde. Klang kann die Welt formen und verändern. Töne können einen Menschen im wahrsten Sinn des Wortes „neu stimmen“.

Unter Manager August Mayer-Papst und Chefdirigent Karl Friedrich begannen die Symphoniker damit, im Sommer in Bad Steben und im Winter in Hof und Umgebung zu spielen.
Möglicherweise war dies die Triebfeder, die den Kapellmeister Karl F. Keller direkt nach Kriegsende 1945 dazu inspirierte, in der zerstörten Textilstadt Hof ein Orchester zu gründen. Kein leichtes Unterfangen in einer Zeit, in der die Menschen wohl eher an Brot als an Spiele dachten. Keller fand Mitstreiter, unter anderem auch unter den Flüchtlingen und Vertriebenen, die vor allem aus Böhmen in die Saale-Stadt gekommen waren. Es entstand eine Art „Notgemeinschaft“ professioneller Musiker, die zunächst ohne Bezahlung und trotz des allgemeinen Versammlungsverbotes miteinander spielten und auftraten. Und das mit Erfolg. Den Alliierten muss klar gewesen sein, dass die Musiker einen wesentlichen Beitrag dazu leisten konnten, die allgemeine Stimmung in der Bevölkerung aufzuhellen und die Motivation im Nachkriegsdeutschland zu heben. Am 12. September 1945 gaben die Musiker ihr erstes Konzert in den Räumen des American Red Cross. Keller erhielt recht zügig eine amerikanische Lizenz zur Gründung eines Orchesters. Das war die Geburt des „Hofer Konzertorchesters“, das später in „Sinfonieorchester Stadt Hof“ umbenannt wurde. Bereits nach zwei Jahren gehörten 40 Musiker zum festen Ensemble. Das Durchschnittseinkommen lag zwischen 70 und 90 Mark. Keller zog es 1950 weiter. August Mayer-Papst, der schon seit 1947 zum Ensemble gehörte, übernahm die Nachfolge und leitete das Orchester bis 1965. Unter seiner Ägide erhielten die Hofer Symphoniker ihren heutigen Namen.

Musik macht klug. Man kann gar nicht früh genug damit anfangen, selbst zu musizieren. In der eigenen Musikschule unterrichten die Musiker des Sinfonieorchesters Schüler „von Null bis 80“. Fotos: Archiv Hofer Symphoniker
Der professionelle Durchbruch kam unter Wilfried Anton, der von 1965 bis 2008 als Intendant und Leiter dem gesamten „Unternehmen“ vorstand. Und überhaupt Wilfried Anton … „Ihm verdanken wir, dass es die Hofer Symphoniker heute noch gibt“, ist Intendantin Ingrid Schrader überzeugt. Schrader kam 1989 als Seiteneinsteigerin zu den Symphonikern und hat sich unter Anton quer durch alle Bereiche im Management gearbeitet. Wilfried Anton selbst hatte sie dann 2009 als Nachfolgerin im Amt vorgeschlagen.
„Wilfried Anton hat es geschafft, die Weichen für eine wirtschaftlich solide Zukunft zu stellen. Er hatte einen guten Draht zum Kultusministerium, konnte Unternehmen aus der Region für seine Sache begeistern und als Sponsoren gewinnen, und er hatte eine sehr gute Hand bei der Auswahl neuer Musiker. Sein Credo war, dass das Alte durch Besseres zu ersetzen sei. Qualität war immer der oberste Maßstab. Ich habe sehr viel von ihm gelernt“, erinnert sich Schrader.
„1978 hatte Anton die Idee, Bühne und Bildung unter einen Hut zu bringen und hat eine eigene, assoziierte Musikschule gegründet.“ Die Kombination von Sinfonieorchester und Musikschule ist bundesweit einmalig und findet weithin Beachtung. Auch in der Wissenschaft. Der Hirnforscher Professor Ernst Pöppel und der Musikwissenschaftler Professor Lorenz Welker, beide von der Ludwig-Maximilians-Universität in München, haben in einer Studie nachgewiesen, dass Musik einen großen Einfluss auf das Zeitmanagement im Gehirn, die Psyche und die Selbstwahrnehmung hat. Die Studie wurde an der Musikschule der Hofer Symphoniker durchgeführt und wird heute als „Hofer Modell“ in der Wissenschaft zitiert.
Dass Musik Menschen klug macht und dass man damit gar nicht früh genug anfangen kann, wissen die Hofer. Jedes Ensemblemitglied verpflichtet sich per Dienstvertrag zum Unterricht. Professionelle, akademisch ausgebildete Profimusiker, die abends vor verwöhntem Publikum Beethovens 9. Sinfonie zum Besten geben, geben tagsüber ihr Wissen an rund 1.150 Kinder und Jugendliche weiter. „Wir können unseren Schülern ein Angebot machen, das den Vergleich mit Großstädten nicht scheuen muss“, so die Intendantin. „Unsere Schüler können bei uns jedes Instrument erlernen, das im Orchester gespielt wird.“
Das Angebot beginnt bei den Kleinsten mit Kursen wie „Musikwichtel“, „Harfe ab vier“ oder die „Suzuki-Methode für Violine, Viola und Violoncello“, geht über Instrumental- und Vokalfächer für Einzel- und Gruppenunterricht und wird durch zahlreiche Ensemble- und Ergänzungsfächer wie das Percussion-Ensemble, Rockbands, das Jugend-Symphonieorchester Hof und verschiedene Chöre abgerundet. Daneben gibt es noch Partnerschaften mit den ansässigen Schulen, an denen die Symphoniker unterrichten. „Es ist viel, was unser Team leistet“, unterstreicht Ingrid Schrader. Immerhin: Die 120 Mitarbeiter aus 19 Nationen („Wir sind das beste Beispiel für gelebte Integration und Toleranz.“) stemmen im Jahr 60 Orchesterkonzerte in Hof sowie bundesweit, gestalten mehr als 100 Aufführungen im Theater Hof und rund 380 Veranstaltungen der Musikschule mit. Der Weg, den das Unternehmen „Hofer Symphoniker“ beschritten hat, war nicht immer einfach. Wirtschaftlich gab es Tiefschläge – vor allem dann, wenn es um Tariferhöhungen ging. Und an die Jahre, in denen das „Zuhause“ der Symphoniker, die Hofer Freiheitshalle, einem Komplettumbau unterzogen war, erinnert man die Intendantin heute besser nicht mehr.

Intendantin Ingrid Schrader zeigt stolz den Echo Klassik – eine der wichtigsten Auszeichnungen des Orchesters.
Aber Schrader ist eine Kämpferin. „Es geht nur ganz oder gar nicht“, so das Motto der 55-jährigen Oberfränkin, die mit gutem Beispiel vorangeht. „Mein Beruf ist mein Leben. Profession und Privatleben sind bei mir untrennbar verwoben. Das funktioniert auch nur so.“ Und es funktioniert hervorragend. Künstlerisch wird das Orchester mit wichtigen Auszeichnungen wie dem Echo Klassik, dem E.ON-Kulturpreis oder dem Kulturpreis der Bayerischen Landesstiftung verwöhnt. Die Konzerte sind meistens ausverkauft, und wer eines der begehrten Konzert-Abos ergattert hat, der vererbt es tunlichst in der Familie weiter. „Wir freuen uns über jede Anfrage“, sagt die Intendantin und beteuert: „Wir tun unser Bestes, um Karten- bzw. Abo-Wünsche zu erfüllen. Eine erstklassige Alternative finden wir immer.“
„Die Hofer Symphoniker sind ein musikalischer Schatz der bayerischen und oberfränkischen Kulturlandschaft. Daher ist es dem Kultusministerium ein Anliegen, auch nichtstaatliche Kulturorchester wie die Hofer Symphoniker zu unterstützen“, heißt es aus dem Bayerischen Kultusministerium. Obwohl Intendantin Schrader 46 Prozent ihres Etats von sieben Millionen Euro selbst erwirtschaftet – auch das ist bundesweit einmalig – wird sie diese Aussage aus München freuen. Auch wenn die Hofer derzeit von einer Ernennung zur „Bayerischen Staatsphilharmonie“, wie es in Bamberg gelungen ist, und einer entsprechenden Apanage nur träumen können. Immerhin, in München weiß man Schraders Einsatz zu würdigen: „Wir freuen uns, wenn eine so engagierte Intendantin entsprechende Akzente setzt.“
Einen Traum erfüllt sich Ingrid Schrader dennoch: Im Jahr 2017 soll die Stadt Hof eine „KlangManufaktur“ erhalten. „Wir sind derzeit in der Planungsphase“, berichtet die Intendantin. „Zwischen Theater und Freiheitshalle wollen wir ein Gebäude errichten, in dem unsere Musiker proben und spielen können, in dem kleinere Kammerkonzerte und andere öffentliche Veranstaltungen stattfinden können. Damit wollen wir unsere Qualität weiter steigern.“
Der Gründer der Hofer Symphoniker, Karl F. Keller, feierte in diesem Jahr in München seinen 100. Geburtstag. Sein oberfränkisches „Kind“ wird 70, aber nie war es attraktiver. „Personell vollzieht sich gerade ein Generationenwechsel, und wir freuen uns über jede Menge neuer, junger Musiker.“ Rechtzeitig vor dem Jubiläum hat Schrader ihrem Orchester auch optisch eine Verjüngungskur verordnet. Der visuelle Auftritt wirkt so, wie sich die Intendantin, ihre Musiker und das Repertoire geben: dynamisch und frisch. In der Jubiläumssaison zeigen die Symphoniker die Bandbreite ihres Könnens: von Klassik über Jazz bis Salsa. „Und das alles mit Leidenschaft – so wie die Seele unserer Region eben klingt.“ Sabine Raithel