Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
in den vergangenen Jahren hat sich das zivilgesellschaftliche Engagement, aber auch die Arbeit in unserer Projektstelle gegen Rechtsextremismus im Evangelischen Bildungs- und Tagungszentrum Alexandersbad, insbesondere gegen organisierte Neonazis gerichtet. Es ging darum, ihnen Einhalt zu gebieten, beginnend mit den unsäglichen Gedenkmärschen in Wunsiedel über die Demonstration am 1. Mai 2012 in Hof, für die über die Grenzen Bayerns hinaus mobilisiert wurde. Wir mussten uns auseinandersetzen mit den Umtrieben in Oberprex, wo organisierten Neonazis ein Wohnhaus zur Nutzung zur Verfügung gestellt wurde, das sie sowohl für ihre internen Strategiebesprechungen als auch für öffentliche Veranstaltungen benutzt haben. Wir mussten und müssen uns auseinandersetzen mit einer Welle von Hakenkreuzschmierereien in Hof oder in Feilitzsch. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass auch andere Menschen aus dem extrem rechten Spektrum ihren Wohnsitz im Landkreis Hof gefunden haben.
Diese Arbeit des Aufklärens, des Dagegenhaltens, des Sich-Organisierens und Absprechens ist wichtig, wir dürfen in der Gesellschaft mit dieser Arbeit nicht nachlassen. Es ist notwendig, Neonazis gegenüberzutreten, ihnen in der Öffentlichkeit, den Sozialen Medien und auf der Straße nicht die Meinungshoheit zu überlassen. Selbstverständlich gilt auch für Neonazis das Recht auf freie Meinungsäußerung. Sofern dieses Recht aber dazu missbraucht wird, andere Menschen herabzuwürdigen oder auszugrenzen oder (Kriegs-)Verbrecher zu verherrlichen, muss dem lautstark öffentlicher Protest entgegengesetzt werden. Dieses Entgegentreten reicht aber heute nicht mehr, heute haben wir es mit ganz neuen Phänomenen zu tun, nicht nur innerhalb des Neonazis-Spektrums, wo die NPD schwächer wird und Nachfolge-Parteien auftreten, die wesentlich radikaler sind – in unserer Gegend die Parteien „Der III. Weg“ und „Die Rechte“, letztere etwa auch in Bamberg aktiv.
„Wir müssen noch viel stärker für Demokratie, für Toleranz, für Vielfalt einstehen“
Seit einiger Zeit entwickeln sich Strukturen, die von organisierten Neonazis genutzt werden. Sie verstecken sich dann hinter anderen Organisatoren. Dafür steht „HoGeSa – Hooligans gegen Salafisten“, aber noch mehr PEGIDA aus Dresden und ihre Nachfolger wie Wügida in Würzburg, Nügida in Nürnberg oder Mügida bzw. Bagida in München. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen gewaltbereiten, organisierten Neonazi-Kadern und einem sich bedroht fühlendem Bürgertum voller Ressentiments und Vorurteilen. Mit der AfD haben diese Menschen und Strömungen eine parteipolitische Heimat gefunden.
Der Umgang mit diesen Phänomenen kann nicht mehr so eindeutig sein wie der Umgang mit Neonazis. Neonazis stellen sich sichtbar selbst außerhalb der Gemeinschaft, durch die Forderungen, die sie stellen und die Art und Weise, wie sie diese vertreten. Das ist etwa bei PEGIDA in Dresden nicht der Fall. Dort hören wir durchaus rassistische und völkische Sprüche, aber eben keine neonazistischen Positionen. Die Herausforderung, vor der wir stehen, lautet: Gegen extrem rechts zu sein, reicht nicht mehr aus, wir müssen noch viel stärker für Demokratie, für Toleranz, für Vielfalt einstehen. Ein Beispiel dafür war die Aktion „RESPEKT“ die wir zum Internationalen Tag gegen Rassismus in mehr als einem Dutzend bayerischer Städte durchgeführt haben. Hier haben Menschen durch ihre Körper das Wort „RESPEKT“ abgebildet und dieses „5 vor 12“ fotografieren lassen. Ein eindrucksvolles Zeichen, wofür es einzutreten gilt.
Aber auch unsere Arbeit verändert sich. Wir sind in der Projektstelle in Alexandersbad nun auch Träger der Fach- und Koordinierungsstelle für das neue Bundesprogramm „Demokratie leben“. Dieses beschäftigt sich mit Vorurteilen und Haltungen und versucht Demokratie, Toleranz und Vielfalt in den Regionen zu fördern. Beteiligt haben sich dankenswerterweise die Landkreise Hof, Wunsiedel und Tirschenreuth sowie die Stadt Hof. Hier versuchen wir gemeinsam mit Behörden und den politisch Verantwortlichen die Zivilgesellschaft zu stärken in ihrem Kampf gegen Ausgrenzung und Diskriminierung. Wir würden uns freuen, wenn die Leserinnen und Leser des ProHof-Magazins uns dabei unterstützen.
Ihr
Martin Becher,
Projektstelle gegen Rechtsextremismus im Evangelischen Bildungs- und Tagungszentrum Alexandersbad